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Pilze Pilze Forum Archiv 2012-13

Mysteriöse Ökologie von Sistotrema brinkmannii

Geschrieben von: Älbler
Datum: 4. Januar 2012, 00:05 Uhr


Liebe Pilzfreunde,

im KRIEGLSTEINER steht, dass Sistotrema brinkmannii Endomykorrhiza mit Orchideen bilden soll. Diese Angabe hat mich interessiert und so habe ich im Internet mal recherchiert, was über die Ökologie dieses Rindenpilzes alles geschrieben wird.

Dabei habe ich eine möglicherweise ganz interessante Ökologie dieser Art aufgespürt.

Noch 2002 wurde in einer Doktorarbeit von NOETZLI K. P. die Art als einer der häufigsten Fäuleerreger bei pilzbefallenen Wildbachsperren nachgewiesen.

In dem Buch "Hausfäule- und Bauholzpilze Diagnose von Hausschwamm und anderen Holz zerstörenden Pilzen sowie Sanierung der Schäden" von Huckfeldt/Schmidt 2005 wird S. brinkmannii als Brinkmann's Rindenpilz sogar in einer Liste für "seltene holzzerstörende Pilze in Gebäuden" aufgelistet.

KRIEGLSTEINER weiß aber offensichtlich schon in 2000, dass es eine Endomykorrhiza mit Orchideen geben soll. Doch woher?
1999 haben Honold & Oberwinkler die Art aus Fichtenstämmen mehrerer Sturmwurfflächen isoliert und bestimmt. Ob der Pilz ein Fäuleerreger ist schreiben sie nicht.

Moncalvo et al. stellen 2006 mittels umfassender molekulargenetischer Untersuchungen fest, dass die Gattung Sistotrema hochgradig polyphyletisch ist und S. brinkmannii in die Verwandtschaft von Clavulina (Ektomykorrhiza) und Multiclavula (Lichenisierung) zu stellen ist.

Schließlich fand ich diesen Artikel von MATTHEW et al.

http://www.amjbot.org/content/94/8/1289.full

von 2007, wo unter anderem die Verwandtschaft von S. brinkmannii mit Multiclavula aufgezeigt wird. BINDER & HIBBETT weisen 2006 darauf hin, dass rein habituelle Ähnlichkeiten unter Pilzen die Verwandtschaft weniger wiederspiegeln als ökologische Muster (Braunfäuleerreger, Ektomykorrhizabildner usw.). Ist S. brinkmannii möglicherweise auch ein Algenschmarotzer wie Multiclavula?

Last not least wiesen HAO et al. 2002 die weltweit verbreitete Sistotrema brinkmannii in einer Bodenprobe aus einem "Dry Valley" der Antarktis nach, einem der lebensfeindlichsten Regionen dieser Erde. Die Forschergruppe um HAO fragt sich in ihrer Arbeit:

Zitat:
"Since there are no lignocelulosic substances in the Dry Valley’s of Antarctica, the substrates used by the fungus in Antarctic soils are uncertain."

In diesem extremen Lebensraum gibt es nichts anderes als Algen und Flechten. Nicht mal Holz von irgendwelchen Expeditionen.
Kann der Nachweis dieser Art in dieser Eiswüste ein zwingendes Argument für ein lichenisiertes Leben sein?

Übrigens war die ursprüngliche Absicht von HAO et al. nematodenfangende Pilze in den "Dry Valleys" nachzuweisen.

Über Endomykorrhiza mit Orchideen habe ich allerdings nichts gefunden!

Viele Grüße
Christian

Beiträge in diesem Thread

Mysteriöse Ökologie von Sistotrema brinkmannii -- Älbler -- 4. Januar 2012, 00:05 Uhr
Re: Mysteriöse Ökologie von Sistotrema brinkmannii -- Andreas -- 4. Januar 2012, 08:30 Uhr
Re: Mysteriöse Ökologie von Sistotrema brinkmannii -- Älbler -- 4. Januar 2012, 11:44 Uhr
Re: Mysteriöse Ökologie von Sistotrema brinkmannii -- Älbler -- 6. Januar 2012, 13:43 Uhr
Re: Mysteriöse Ökologie von Sistotrema brinkmannii -- Stefan S. -- 4. Januar 2012, 11:48 Uhr

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