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Pilze Pilze Forum Archiv 2012-13
Unter Steineichen I
Geschrieben von: jesko
Datum: 29. März 2012, 00:44 Uhr
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Viel Zeit lässt der Alltag nicht, um Vergangenes ab- und aufzuarbeiten. Daher ist auch schon wieder etwas Zeit vergangen, seitdem Felix und ich unter http://www.pilzepilze.de/cgi-bin/webbbs/pconfig.pl?noframes;read=219420 zur Exkursion in Mallorcas Kieferwälder eingeladen hatten. Damals haben wir eine Fortsetzung zugesagt, mit der wir mit Euch gemeinsam die Funde, die wir im Dezember 2011 aus mallorquinischen Steineichenwäldern mitgebracht hatten, Revue passieren lassen wollten. Nun endlich ist es so weit. Mehrere Male wurde ja schon erwähnt, dass der Steineichenwald (Quercetum ilicis) neben den mediterranen Kiefernwäldern das zweite große Waldhabitat auf den Balearen ist. Die Steineiche (Quercus ilex, Q. ilex ssp. ballota) und die Korkeiche (Quercus suber) sind im westlichen und zentralen Mittelmeerraum diejenigen immergrünen Vertreter der Buchengewächse (Fagaceae), die große geschlossene Wälder bilden, die in vielerlei Hinsicht mit unseren mitteleuropäischen Edellaubwäldern vergleichbar sind. Grob gesagt teilen sich dabei beide Eichenarten in die Aufgabe: Während die Korkeiche saure Böden bevorzugt, ist die Steineiche vorwiegend auf kalkhaltigem Untergrund zu finden und ist damit die typische Eiche auf den Balearen. Sie kann dabei reine Bestände mit mehr oder weniger ausgebildeter Strauchschicht bilden wie auch mit Kiefern, Erdbeerbäumen usw. durchmischt stehen. Typisch sind teils auch lockere Bestände, die einen Übergang zur mediterranen Strauchheide darstellen. Hier gehe ich in einem eher offenen Bestand mit recht mickrigen Steineichen schon einmal vor:
Und da ist auch schon der erste Fund: Diesen auffälligen Begleitpilz der Steineiche hatten wir bereits in unserem ersten Beitrag zu den (qualitativ) wenigen Röhrlingsfunden http://www.pilzepilze.de/cgi-bin/webbbs/pconfig.pl?noframes;read=218801 gezeigt.
Da wir dem stattlichen Steineichen-Raufuß (Leccinum lepidum) jedoch wirklich oft begegnet sind, soll auch er hier noch einmal – gewissermaßen als Begrüßung zu unserer heutigen Steineichenexkursion – vertreten sein. Ebenfalls gut mit dabei waren die entfernteren semihypogäischen Verwandten des Steineichen-Raufußes:
hier noch einmal Melanogaster variegatus, die Bunte Schleimtrüffel (det. G. Hensel). Und im kleinen Röhrlingsbeitrag ist ja schon gesagt worden, dass der Dezember sicherlich nicht die einträglichste Exkursionszeit für das Studium der mediterranen Röhrlinge ist. Dies gilt uneingeschränkt auch für Täublinge. Dennoch konnten wir ein paar Täublingsfunde verbuchen. Beginnen möchte ich mit diesem mehrfach angetroffenen scharfen Gelbsporer, der auch in unseren mitteleuropäischen Laubwäldern auf Kalk zu finden ist.
Der Gefleckte Täubling (Russula maculata) ist unter den scharfen Gelbsporern an seinem auffällig gelb bis gelbbräunlich verfärbendem Fleisch zu erkennen, daher der namensgebende gefleckte Hut. Mikroskopisch wird die im Feld getroffene Vermutung durch die Beobachtung der nicht inkrustierten, unseptierten oder kaum septierten Dermatozystiden in der Huthaut und der mittelgroßen Sporen, deren Ornament mit kräftigen mehr oder minder gratig verbunden Warzen teilweise netzig ist, abgesichert. Im Mittelmeerraum ist Russula maculata nach Sarnari eine typische Begleitart der Steineiche (nicht der saure Böden bevorzugenden Korkeiche) und ist hier vor allem in den mit Steineiche durchmischten Strauchheiden häufig. Ebenfalls aus der Gruppe der scharfen Gelbsporer ist uns mit dem Steineichen-Dottertäubling (Russula juniperina) eine aufgrund ihres stark glänzenden, intensiv rot gefärbten Hutes sehr auffällige Art ins Netz gegangen.
Russula juniperina stellt mit ihren mehrfach septierten Dermatozystiden mit Divertikeln und den typischerweise isoliertwarzigen Sporen vom mikroskopischen Bild her ein Bindeglied zwischen den roten scharfen Gelbsporern (Maculatinae) und den Urentinae (Gruppe um R. cuprea) dar. Es handelt sich auch hier um eine kalkliebende Art, die aus eben diesem Grund unter Korkeichen fehlt, neben der Steineiche aber auch mit sommergrünen Eichenarten vergesellschaftet sein kann. Der dritte scharfe Gelbsporer, den wir finden konnten, ist bislang wohl nur aus dem Mittelmeerraum bekannt geworden.
Der Steineichen-Speitäubling (Russula quercilicis) besitzt i.d.R. eher trübe Rottöne auf dem Hut. Mikroskopisch fallen vor allem die inkrustierten Dermatozystiden auf. In Mitteleuropa sind ja nur zwei scharfe Gelbsporer bekannt, die dieses Merkmal aufweisen (Russula rutila und Russula rubra). Sammelt man im Mittelmeerraum, muss man eben auch Russula quercilicis auf dem Schirm haben. Verlassen wir nun die scharfen Gelbsporer und kommen zum einzigen Fund eines scharfen Weißsporers (bzw. Cremesporers), der uns gelungen ist.
Bei dieser Russula pelargonia mussten wir aufgrund der hinlänglich bekannten Bestimmungsschwierigkeiten bei den Violaceinae (scheinbares Kontinuum an Formen, die violacea über pelargonia mit clariana verbinden) ein confer stehen lassen. Als gutes Merkmal, um diesen Formenkreis im Feld ansprechen zu können, sei hier an den Geruchsumschlag von Pelargoniengeruch zu kräftigem Fischgeruch erinnert, der m.W. zuerst von Einhellinger beschrieben wurde. Um es langsam aber sicher mit den Täublingen zu Ende zu bringen (so viele haben wir leider wirklich nicht gesehen), sollen hier noch zwei typisch mediterrane Arten vorgestellt werden, für die bislang keine mitteleuropäischen Nachweise bekannt sind (zumindest keine, die den Anspruch erheben dürfen, „sicher“ zu sein). Zu den typischen Griseinae, die die Steineiche auf Kalkböden begleiten, zählt der Elfenbein-Steineichentäubing (Russula galochroides).
Russula galochroides ist eine blasse bis hellgrünliche Art, deren sichere Bestimmung (wie es bei den Griseinae mit wenigen Ausnahmen die Regel ist) nur mikroskopisch möglich ist. Die Sporen sind fein- und dichtwarzig und teils netzig gratig, die Huthauthaare mittelbreit und mehr oder minder zylindrisch. Russula galochroides ist bislang nur aus Steineichenwäldern auf Kalkboden bekannt. In diesem Habitat kommen auch andere typischerweise oder untypischerweise hellgrünliche Griseinae ss.l. vor, und eine einigermaßen sichere Bestimmung setzt eben auch die Beurteilung der Mikromerkmale (Sporen UND Huthaut) voraus. So mag vielleicht die in diesem Forum vorgestellte Russula ilicis http://www.pilzepilze.de/cgi-bin/webbbs/pconfig.pl?noframes;read=216617 richtig angesprochen sein (übrigens wahrscheinlich keine rein mediterrane Art), aber ohne Huthautmikroskopie ist es doch eigentlich mehr geraten. Die letzte hier vorgestellte Täublingsart gehört nach Sarnari zu den besonders für immergrüne Eichen typischen Begleittäublingen, die auch in der Nachsaison noch reichlich anzutreffen sind.
Der Mediterrane Zwergtäubling (Russula parodorata) gilt als der häufigste Vertreter der Gruppe um Russula odorata in Steineichenwäldern. Der für einen „Zwergtäubling“ verhältnismäßig großen Art (man ist versucht, sie bei den kompakten Polychromae und nicht bei den „zartfleischigen“ Tenellae zu suchen) fehlt der bei Russula odorata vorhandene Pelargoniengeruch, und die Huthaut ist nicht wie bei den meisten anderen nahestehenden Arten glänzend. Die kaum septierten Dermatozystiden sind ebenfalls ein wichtiges Bestimmungsmerkmal. Eine weitere typische Russulaceaee des Steineichenwalds, die auch in der Spätsaison noch reichlich zu finden ist, ist der Atlantische Milchling (Lactarius atlanticus).
Lactarius atlanticus erinnert etwas an den bei uns häufigen tabidus. Auffällig ist der durch das Basalmyzel striegelige Stiel. Ein weiterer wärmeliebender Milchling des Steineichenwaldes ist Lactarius mairei.
Mit seinem zottigen Hutrand und der unveränderlich weißen Milch fügt sich Lactarius mairei ein in die Reihe der Subsektion Piperites, die sich vom kälteliebenden torminosulus über die uns geläufigen Birkenbegleiter pubescens und torminosus bis hin zum thermophilen Extrem tesquorum (der noch zu zeigen sein wird) erstreckt. Der typische Steineichenwald Mallorcas stockt an steilen Kalkhängen, und der Weg ist beschwerlich und macht die Füße schnell müde. Darum habe ich mich entschlossen, unsere Exkursion durch die balearischen Querceten in einem Teil II fortzusetzen. Für heute gibt es mit dem Unverschämten Rübling (Gymnopus impudicus) sozusagen noch einen stinkigen Rausschmeißer (bei denen, die in Deutschland im Kalklaubwald sammeln, sicherlich hinlänglich g/beru/üchtigt):
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