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Pilze Pilze Forum Archiv 2012-13

Jetzt hat unser "Unbekannter" einen Namen

Geschrieben von: HoBi
Datum: 2. April 2012, 19:11 Uhr


Hallo liebe Pilzfreunde,

vielleicht erinnert sich noch der ein oder andere an unseren Beitrag vom
25.03.12. Darin ging es um einen kleinen Becherling, den wir fälschlicher
Weise zunächst als Moosbecherling angesprochen haben.
Uns war klar, dass wir den nicht bestimmen können. Deshalb haben wir ihn zu
Torsten Richter geschickt. Er hat sich der Sache angenommen und viel Zeit in
die Bestimmung und Dokumentation investiert. Wir danken Torsten an dieser Stelle
für seine herausragende Arbeit!
Hier kommt Torstens Doku:

Rutstroemia calopus (Fries) Rehm 1893
Gras-Stromabecherling
25.3.2012 Niedersachsen; ehemalige Sandabbaugrube bei Betheln (jetzt NSG der Paul-Feindt-Stiftung), wird seit 1985 wieder renaturiert; einzeln zwischen niederen Moosen und Nostoc Kolonien, an in der Erde verborgenen Wurzelresten (basal) entspringend—evtl. Reste von Poaceae oder Cyperaceae

leg. Holger Magdanz det. Torsten Richter MTB 3824/4
Für die kritischen Hinweise bei der Bestimmung danke ich besonders Herrn H.-O.Baral (Tübingen).

Weitere Quellen:
Bild und Beschreibung von R.paludosa: http://www.asturnatura.com/fotografia/setas-hongos/rutstroemia-paludosa-e-k-cash-r-w-davidson-j-w-groves-m-e-elliott-2/2274.html
Bild von R.calopus auf Blattresten von Carex: http://www.pilzepilze.de/cgi-bin/webbbs/parchive2008.pl?noframes;read=137267

vgl. LOHMEYER, T.R. (1995), Z.Mykol. 61(1), ausführliche Beschreibung eines Fundes von cf. calopus mit Diskussion zur Abgrenzung von R.paludosa (= R.maritima)cj
vgl. PFNO 1987, Abb. 265 (R. paludosa) passt sehr gut zu unserem Fund !
vgl. BEYER 1992/ AMO 1997 erwähnt R.calopus !
vgl. REHM (1896) S. 768, R.calopus
vgl. Roffler 2002: 235-7 (Schw. Z. Pilzk.) erwähnt R.calopus
DVD Baral

Makroskopische Beschreibung (anhand eines reifen Apotheziums):

Fruchtkörper: pokal- bis becherförmig, gestielt, Durchmesser 1,5 mm,
Stiel 3 mm x 0,5 mm; gesamter Fruchtkörper bräunlich, Hymenium hellockerbräunlich, feucht etwas dunkler, glatt; Margo deutlich rotbraun abgesetzt; Stiel fein längsfaserig und feinst samtig behaart, basal kastanienbraun bis dunkel bräunlich- schwärzlich und etwas länglich bis knollig verdickt und an der Austrittsstelle am Substrat schwarz; Außenschicht heller als Hymenium und mit Oktaederkristallen die Nester bilden (Durchmesser der Nester 25- 50 µm); Medulla und Rinde etwas gelatinös.

Mikroskopische Beschreibung (anhand eines reifen Apotheziums):

Ectales Excipulum: aus hyalinen bis hell bräunlichen Zellen, textura prismatica-porrecta (30- 90 x 4- 6 µm), zur Medulla hin in eine t.epidermoidea übergehend mit z.T. dickwandigen und unregelmäßig „aufgeblasenen“ bis angeschwollenen Zellen (Durchmesser 10- 20 µm).

Paraphysen: Durchmesser 4- 5 µm, 1.Zelle 15- 55 µm, fädig, etwas unregelmäßig wellig, aber gleichmäßig gerade; apikal meist etwas verschmälert, abgerundet bzw. leicht zugespitzt; ohne VBs, mehrfach septiert, hyalin.

Margo: aus dichtstehenden, oft keulig verdickten, hellbräunlichen Zellen, Durchmesser 5- 6 (-7) µm.

Asci: 165- 175 x 10- 11 µm, 8-sporig, mit Haken, zylindrisch, apikal breit abgestutzt, basal mit deutlichem Fuß, uniseriat, Porus in Lugol blau (IKI bb), Sporenraum 100- 105 µm, Apikalring 2- 3 µm hoch.

Sporen: glatt, hyalin, (16-) 17- 19 x 5,5- 6,5 µm, elliptisch, mit abgerundeten Polenden, von dünner, hyaliner Hülle umgeben, mit mehreren kleinen bis mittelgroßen Lipidtropfen je Sporenhälfte und wenn unseptiert mit einem großen zentralen Kern, überreif meist 1- bis 3 fach septiert, bereits im Ascus septiert, reife Sporen knospen hefeartig (Mikrokonidien), mittlerer Sporenteil bei unseptierten Sporen ziemlich ohne Lipidtropfen!

Anmerkungen:
---Trennung von Rutstroemia paludosa (E. K. Cash & R. W. Davidson) J. W. Groves & M. E. Elliott 1961 scheint nicht unproblematisch
Auch H.-O.Baral hielt Rutstroemia calopus und paludosa lange für synonym, bis ihm Funde mit und ohne Haken auffielen.
Bislang hält sich die Korrelation H+/Poaceae und H-/Cyperaceae. Auf das Fehlen bzw. Vorhandensein von Haken und eine genaue Zuordnung des Substrates sollten in Zukunft unbedingt Wert gelegt werden.
Für die auf Cyperaceen (H-) vorkommende Rutstroemia verwendet Baral momentan den Namen paludosa, und für die auf Poaceae den Namen calopus. Ob diese Zuordnung von Bestand ist, wird die Zukunft zeigen. Das Typusmaterial wurde aber vermutlich nie auf Haken geprüft. Der Amerikaner White war da zwar vorbildlich, aber bei seiner Rutstroemia-Monografie hat er noch nicht realisiert, wie wichtig das ist.
WHITE (1941) gibt Poa für R. calopus an. R. paludosa kommt bei ihm nicht vor.
Für die hier angeführten Anmerkungen gilt H.-O.Baral mein herzlicher Dank.

Chapeau Torsten für diese fantastische Dokumentation!!!

Vor 2 Tagen haben wir das Biotop erneut aufgesucht und wieder kleine Becherlinge
gefunden. Vielleicht sind ja diesmal ein paar Moosbecherlinge dabei?

Es grüßen herzlich

Sabine & Holger

Beiträge in diesem Thread

Jetzt hat unser "Unbekannter" einen Namen -- HoBi -- 2. April 2012, 19:11 Uhr
Re: Jetzt hat unser "Unbekannter" einen Namen -- Ingo Wagner -- 2. April 2012, 21:58 Uhr

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