Liebe Foristen,
ich möchte hier von meinen Eindrücken zu dem obengenannten Werk berichten.
Es sind bisher nur die Bände 1 und 2 erschienen.
Ich habe bisher Band 1 komplett gelesen, bei Band 2 befinde ich mich auf Seite 190 von 470.
Dies ist also nur ein Zwischenbericht.
Die Bücher sind im Format DIN A4 und enthalten zahlreiche Fotos und Mikrozeichnungen.
Werner Jurkeit ist nach meinem Kenntnisstand der größte lebende Kenner der Gattung Russula.
Sein besonderes Interesse gilt innerhalb der Gattung den Heringstäublingen.
Er hat relativ früh in seinem Leben festgestellt, dass es bei diesen einige ungelöste Probleme gibt.
Die Spanne der publizierten Arbeiten reichte wohl von "das ist überhaupt nur eine Art" bis zur Beschreibung vieler Arten.
In der Praxis stieß er dann auf Probleme, wenn er die Arten, die manche beschrieben hatten, konkret identifizieren wollte.
Jurkeit gibt eine kritische Literaturübersicht zum Thema. Kritisch ist hier nicht negativ zu verstehen.
Er beschreibt das Erreichte und nennt vorhandene Probleme.
Nun kennt jeder Pilzfreund die Variabilität der Farben bei Russula.
Was Werner Jurkeit aber zum Beispiel auch fand war, dass die Sporenmaße eine erhebliche Variabilität haben.
Er war sich dann nicht sicher, ob er die Art gefunden hatte, die ein anderer beschrieben hatte.
In anderen Fällen fand er beim selben Myzel in verschiedenen Jahren deutlich unterschiedliche Sporenmaße.
Das hat er zum Anlass genommen eine Übersicht fast aller überhaupt denkbaren Bestimmungsmerkmale zu erstellen und seine Erfahrungen zur Variabilität in der Gattung Russula mitzuteilen.
Diese Übersicht hat mir persönlich viele neue Erkenntnisse gebracht.
Er hat dann bei seinen Heringstäublingen auf zwei Arten Fortschritte erzielt:
1. Er hat mit dem Mikroskop Strukturen untersucht und fand Merkmale, die nach seiner Einschätzung für bestimmte Arten charakteristisch sind.
Leider reichen meine biologischen Kenntnisse nicht aus, die verwendeten Begriffe für die Strukturen spontan zu verstehen.
Er erklärt sie zwar auch und gibt viele Mikrozeichnungen, aber ich habe es noch nicht geschafft das zu verinnerlichen.
2. Er verwendet das Biotop zur Unterscheidung zwischen den Arten.
Dazu definiert er sehr ausführlich verschiedene Biotope.
Zunächst benennt er eine Pilzart als Typ für das Biotop.
Dann gibt er Pilzarten an, die im selben Biotop vorkommen.
Weiterhin gibt er Begleitpflanzen an und zwar nicht nur die Baumpartner, sondern auch Moose, Farne und Pflanzen, bei denen noch nicht ganz klar ist, ob sie denn Partner sein können wie Heidekraut.
(Zusatz von mir: Vielleicht sollte man auch noch Tierarten benennen. Weiden sind z.B. durchaus eigene Biotope.)
Diese Angaben sind sehr hilfreich, aber auch kein Allheilmittel: Es gibt zum Beispiel im Pfälzer Wald fast nur Mischwälder.
Man kann nie sicher sein, dass nicht irgendwo im Hintergrund eine bisher noch nicht erblickte Baumart steht.
Ich habe mir eine Zeit lang den Spaß gemacht, wenn ich beim sportlichen Laufen einen Goldröhrling sah nach der Lärche zu suchen.
Man braucht etwas Übung, um das beim Vorbeirennen hin zu bekommen.
Insgesamt könnte man das Biotopmodell meiner Meinung nach noch verfeinern:
Er gibt zum Beispiel an, dass Arten nicht in Streu merklicher Dicke vorkommen. Dies kann ich bestätigen. Dort finde ich so gut wie keine Fruchtkörper.
Ich hatte aber bisher noch keine Erklärung, warum diese Arten gerne an Wegen vorkommen - sowohl an den menschlichen als auch an tierischen.
Jetzt ist es klar: Da ist keine Streuschicht.
Jeder erfolgreiche Speisepilzsammler weiß: Wenn das Biotop so aussieht, brauchst du dort nicht zu suchen.
Wenn es auf eine andere Art und Weise aussieht, wird mit besonderer Aufmerksamkeit zum Beispiel jeder kleine Laubhaufen besichtigt.
Ein Bekannter von mir machte einmal eine Pilzführung mit. Der Anführer holte zur großen Verwunderung der Teilnehmer einen Pfifferling aus einem Laubhaufen.
Die Teilnehmer untersuchten für den Rest der Führung jeden Laubhaufen, fanden aber keinen einzigen Pfifferling mehr.
Jurkeit gibt übrigens an, dass Russula ochroleuca die einzige Art ist, die in allen Biotopen vorkommt.
Nun finde ich den aber nicht überall und ich habe auch eine Idee, welche Ansprüche er hat, kann das aber nicht vernünftig beschreiben.
Mir scheint da die Dichte des Baumbestandes sowie das Alter der Bäume eine Rolle spielen.
Gruß,
Marcel