Growing Gourmet and Medicinal Mushrooms



Paul Stamets

Growing Gourmet and Medicinal Mushrooms


Ten Speed Press, 1995

ISBN: 0-89815-608-4

$ 39.95
Von Tjakko Stijve
Sentier de Clies no 12 CH – 1806 St Légier Schweiz

Paul Stamets ist in amerikanischen mykologischen Kreisen bekannt als der junge, begeisterte Direktor des schnell wachsenden Unternehmens FUNGI PERFECTI in Olympia, im Staat Washington. Er züchtet dort nicht nur mehr oder weniger exotische Pilze, sondern leitet auch ein Versandhaus mit allem was für diese Zucht erforderlich ist. Schon 1978 veröffentlichte Stamets sein erstes Buch Psilocybe Mushrooms and their Allies. 1996 folgte ein weiteres Werk über halluzinogene Pilze Psilocybin Mushrooms of the World : An Identification Guide. Diese beiden hervorragenden Bücher über halluzinogene Pilze sind sowohl von Fachleuten, als auch von Laien sehr gut aufgenommen worden. 1983 überraschte er, zusammen mit J.S. Chilton, die Fachwelt mit The Mushroom Cultivator, einem sehr praktischen Handbuch zur Züchtung essbarer und halluzinogener Pilze. 1993 erschien eine ausführliche Fortsetzung, die 1997 zum zweiten Mal aufgelegt wurde und hier besprochen wird. Diese neue Ausgabe beeinhaltet zwei Seiten mit Zitaten aus Besprechungen, die anlässlich der ersten Auflage erschienen sind. Wenn man sieht, welche bekannten Mykologen – wie S.T. Chang, Scott Redhead, David Arora, Orson Miller u.a. sich lobend über dieses Buch geäussert haben, fühlt man eine gewisse Schüchternkeit hier noch etwas hinzufügen.Es ist daher vielleicht interessant, diese Besprechung mit einigen Mitteilungen aus eigener Erfahrung anzufangen, die zeigen, dass auch Laien die Kulturmethoden von Stamets erfolgreich anwenden können.

Am Anfang der 80er Jahre untersuchte der Verfasser das Vorkommen von Psilocybin und anderen Tryptaminen in ( meist europäischen ) Pilzen. Bald wurde dabei die Frage aufgeworfen, wie die Biosynthese des Halluzinogens verlief und ob es möglich wäre diesen Vorgang durch Zugabe gewisser Vorläufer zu beeinflussen. Es ist klar, dass dieses Problem nur an im Laboratorium gezüchteten Pilze studiert werden konnte. Leider fehlte uns Chemikern das Know how dieser Technik. Ein amerikanischer Kollege, den wir um Rat fragten, versicherte uns, dass es wirklich keine Hexerei sei. Er besorgte uns nicht nur Sporen von Psilocybe cubensis, sondern auch ein Exemplar des Buches von Stamets, worin die Züchtung dieses Pilzes beschrieben war, die uns auch wirklich beim ersten Versuch gelang. Die Züchtung der Pilze auf sterilisiertem Roggen, angereichert mit Vorläufern von Psilocin/Psilocybin, erlaubte tatsächlich einen Einblick in die Biosynthese dieser Inhaltsstoffe.
Einige Jahre später studierten wir Agaritin, ein nicht unbedenkliches Methylphenylhydrazinderivat, das ja in vielen Agaricus–Arten, auch im Zuchtchampignon, in hohen Mengen vorliegt. Wieder war es nötig Kulturarbeiten im Laboratorium durchzuführen, und das Handbuch von Stamets führte aufs Neue zum Ziel, obwohl die Züchtung jetzt schwieriger war als jene von Ps. cubensis. Roggenkulturen allein produzierten kaum Pilze, jedoch Kompost, angereichert mit Pferdemist in Trögen, ergab, nach Bedeckung mit neutralisierter Erde, eine zufriedenstellende Ernte.

Der Ton des neuen Buches ist viel idealistischer als jener in The Mushroom Cultivator. Der Autor sagt eine grosse Entwicklung der Mykotechnologie im 21. Jahrhundert voraus und sein Buch wird zweifellos zur Schöpfung neuer Modelle zur oekologischen Anwendung höherer Pilze beitragen. Zitat : Mycotopia : an environment wherein ecological equilibrium is enhanced through the judicious use of fungi. Es gibt denn auch Kapitel mit Titeln wie « Creating Mycological Landscapes » und « The Stametsian Model : Perma(nent agri) culture with a Mycological Twist ». Ausserdem wird von « bioremediation » gesprochen, d.h. von der Anwendung höherer Pilze zum Abbau von giftigen Industrieabfällen. Der Idealismus des Autors zeigt sich auch an dem grossen Stellenwert, der der Züchtung von Heilpilzen, wie z.B. dem Lackporling ( Ganoderma lucidum), gewidmet ist . Dann und wann geht er dabei etwas zu weit, wie mit seinem Rat an Menschen mit einem mangelhaften Immunsystem ihren eigenen « Medicinal mushroom garden » anzulegen. Uebrigens weist er mit Recht auf die grosse Bedeutung der mykologisch reichen Wälder der Staaten Oregon und Washington hin, sie könnten in Zukunft pharmakologisch ebenso wichtig werden wie das Amazonasgebiet. Tatsächlich nimmt die Zahl an Heilmitteln auf Basis höherer Pilze in Asien und Amerika ständig zu.

Ein Vergleich der beiden Bücher zeigt, wie in den letzten 10 Jahren die Kenntnisse der Pilzzüchtung Fortschritte gemacht haben. Teile, wie das Behandeln von Stammkulturen, die kaum drei Seiten betrugen, sind jetzt zu einem ganzen Kapitel ausgewachsen, wobei auch die Ueberprüfung und Selektion geeigneter Rassen ausführlich beschrieben wird. Auch die Richtlinien zur Herstellung der Pilzbrut, sowohl auf Getreidebasis als auch auf Sägemehl sind stark ausgedehnt worden. Dies bedeutet aber nicht, dass die Ausgabe von 1983 überholt ist. Der « Troubleshooting guide » ist noch immer aktuell, aber ist in der neuen Ausgabe durch das Kapitel 10 : « The six vectors of contamination » erweitert, das sowohl Anfänger als auch Fachleute sich zu Nutze machen können. Jedoch wird ständig auf das grosse Kapitel in der alten Ausgabe verwiesen, das der Identifizierung und Beherrschung kontaminierender Organismen, wie Schimmelpilze, Bakterien, Viren und Insekten, gewidmet ist.
Ein weiterer und wichtiger Unterschied ist, dass in der neuen Ausgabe viel mehr züchtbare Arten aufgenommen sind. Mit Ausnahme des Reisstroh-Scheidlings und einem halben Dutzend halluzinogener Arten, fand man in The Mushroom Cultivator nur jene essbaren Pilze, die jetzt auf den europäischen Märkten geläufig sind, wie der Zuchtchampignon, Austernseitlinge, Schopftintlinge, Shiitake Pilze (Lentinula edodes ), Samtfussrüblinge, Violette Ritterlinge und der Riesentrauschling. Richtlinien zur Züchtung dieser Arten – merkwürdigerweise ohne Lepista nuda – gibt es, oft erheblich erweitert, auch im neuen Buch. So zählt das Kapitel über den Shiitake Pilz jetzt 14 Seiten gegenüber kaum vier in der alten Ausgabe. Ueber einige der neu aufgenommenen Arten, wie Hypholoma capnoides und H. sublateritium kann man nur staunen, denn diese Pilze werden in Europa nicht gegessen und fehlen daher auch auf den offiziellen Listen der in Deutschland und der Schweiz zugelassenen Arten. Ausserdem kann man nicht ausschliessen, dass diese Pilze diesselben Terpene und Cytotoxine ( obwohl in geringeren Mengen ) enthalten, wie der giftige Grünblättrige Schwefelkopf ( H. fasciculare ).
Die ebenfalls neu aufgenommenen Hypsizigus tessulatus und H. ulmarius stehen auch nicht auf obenerwähnten Listen, aber sie haben eine bessere Chance auf baldige Zulassung. Diese, bisher vor allem in Japan auf angereichertem Holzmehl gezüchteten Pilze sind anderswo noch kaum bekannt und es hat eine erhebliche Verwirrung um ihre Namen gegeben. In den ausführlicheren Pilzführern findet man diese nicht geläufigen Arten unter Lyophyllum oder Pleurotus, weil sie gewisse Merkmale mit Vertretern dieser Gattungen gemein haben. Hypsizigus tessulatus ( Bulliard : Fries) Singer ist ein sehr guter Speisepilz mit festem Fleisch, der sich zu einem mächtigen Konkurrenten der jetzt populären Austernseitlinge auswachsen könnte. Bekanntlich ist die Zucht des letztgenannten Pilzes, wegen des während der Reifung gebildeten Sporenstaubs, nicht ohne Risiko für die Züchter. Beide Hypsizigus-Arten produzieren viel weniger Sporen. Ausserdem hat man vor kurzem in H. tessulatus gegen Krebs wirksame Substanzen gefunden.

Unter den züchtbaren Porlingen finden wir selbstverständlich den bekannten Reishi Mushroom (Lackporling, Ganoderma lucidum), der in China und Japan seit Jahrhunderten als Heilmittel angewendet wird. Wässerige Extrakte sollen vor allem gegen Krebs wirksam sein, was von wissenschaftlichen Veröffentlichungen der letzten 30 Jahre bestätigt wird. Aus diesem Lackporling isolierte Polysaccharide sollen das Immunsystem anregen, sowie eine Cholesterol- und blutdrucksenkende Wirkung haben. Ausserdem sind klinische Studien im Gange, um die Wirkung gegen das Aidsvirus zu überprüfen. Grifola frondosa, unser nicht gemeiner Eichhase, hat laut den Japanern, die den Pilz « Maitake » nennen, ausser tumorhemmenden Eigenschaften, noch eine spezifische Wirkung gegen Aids, was von amerikanischen Forschern bestätigt wurde. Getrockneter Eichhase aus Japan erzielte bis vor kurzem hohe Preise auf den Arzneimärkten, die wahrscheinlich sinken werden, wenn die Kultur auch anderswo beherrscht wird.
Stamets hat damit noch gewisse Schwierigkeiten, aber seit etwa einem Jahre werden gezüchtete « Grifole des Bois » zum mässigen Preis von 30 – 40 Franken pro kg in der französischen Schweiz verkauft. Ein ehemaliger Tabakhersteller in Payerne benützt seine Installationen jetzt zur Züchtung dieses schmackhaften Pilzes, während an der Lausanner Universität Untersuchungen nach den therapeutischen Eigenschaften im Gang sind. Angeblich ist sogar der Pharma-Multi Novartis an dieser Forschung interessiert.
Grifola umbellata, ein Sklerotbildner ist vorläufig nur nach einer experimentellen Methode züchtbar, wobei angeimpftes Holzmehl in die Wurzelzone geeigneter Laubbäume gebracht wird. Unter dem Namen « Zhu Ling » exportiert China getrockneten Sklerotien, wovon der wässerige Extrakt ( als Tee getrunken ) eine anti-Krebswirkung haben sollte, die zur Zeit vom amerikanischen National Cancer Institute untersucht wird.
Hericium erinaceus, der bei uns seltene Affenkopfpilz, ist viel einfacher zu züchten als die obengenannten Arten. Das Myzel formt oft schon auf Malzagar Fruchtkörper ! Stamets zücht ihn in Plastiktüten, die Löcher in der Seitenwand haben auf Sägemehl, wodurch die Pilze als mehr oder weniger runde, 100 bis 300 g wiegende Karpophoren herauswachsen. Unter dem Namen « Pom Poms » verkauft das kalifornische Unternehmen « Gourmet Mushrooms » individuell in durchsichtige Dosen verpackte Hericiumpilze.

Trotz amerikanisch-schwedischer Patente wird die Morchelkultur noch immer nicht beherrscht. Stamets widmet ihr ein ganzes Kapitel, aber kann uns keine zuverlässigen Richtlinien zur « indoor cultivation » geben. Dagegen ist er ziemlich optimistisch, was das Anlegen eines « morel patch » im Freien betrifft, wobei die Anwesenheit von Holzasche oder Reste eines Lagerfeuers essentiell sein sollen. An so einer Stelle, am liebsten im Schatten, sollte dann Brut der Schwarzmorchel ( Morchella angusticeps ), in der Erde verscharrt werden. Nach Begiessen lässt man die Stelle bis zum nächsten Frühling in Ruhe und hat dann etwa 25 Prozent Chance Morcheln ernten zu können.
Es befremdet etwas, dass Sparassis crispa, die Krause Glucke, nicht aufgeführt ist, denn dieser Pilz wird schon seit 10 Jahren in Deutschland und in der Schweiz kommerziell gezüchtet. Man sieht oft sogar die verwandte Art, S. laminata, auf den Märkten in Genf und Lausanne. Gelegentlich verspricht der Verfasser mehr als er geben kann. So erwähnt er auf Seite 18 Agaricus augustus als einen Zuchtpilz, aber man ist enttäuscht über das Fehlen von Richtlinien, denn dieser Edelpilz ist gastronomisch manchen von Stamets behandelten Arten weit überlegen !
Das Buch ist hervorragend illustriert : gute Photographien und Zeichnungen begleiten den Text. Stamets hat offenbar einen Familienbetrieb, denn seine Gattin und Kinder präsentieren die spektakulärsten Resultate der Pilzzüchtung ( z. B. einen 5 Pfund schweren Riesenträuschling ) sowohl in schwarz-weiss als in Farbe. Auch gibt es Bilder des alternativen Arztes Andrew Weil, der schmunzelnd reiche Heilpilzernten betrachtet. Die Brauchbarkeit des Buches wird noch erhöht von einem « Resource Directory », worin man nicht nur Adressen von Pilzkultursammlungen und Brutverkäufern findet, sondern auch lange Listen mykologischer Vereine, Zeitschriften und Informationsquellen auf dem Internet und manches mehr. Auch gibt es Tabellen mit der Zusammensetzung von Nährmedien und Substrate, sowie dazu noch ein Glossar der Fachausdrücke. Stamets schliesst sein Buch mit 16 Seiten Literaturstellen ab, die meisten über Pilzzüchtung, aber auch einige, die von den medizinischen und pharmakologischen Eigenschaften der behandelten Pilze berichten.

Das Buch wird jedem Pilzliebhaber warm empfohlen. Leser, die noch nicht im Besitz des Mushroom Cultivators waren, können beide Bücher für nur $ 64,90 + Versandsspesen kaufen bei
FUNGI PERFECTI, P.O. Box 7634 , Olympia, WA 98507 , USA.
http://www.fungi.com



Wertung: 90 %

Eignung: Fortgeschrittene


URL: http://www.pilzepilze.de/ggmm.html

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