Ich kann nur sagen: Vielen Dank für diesen ausführlichen Bericht. Selbst meine 6 Fachbücher geben mir nicht so eine umfassende Beschreibung und Unterscheidung. Bitte mehr davon!!!
Viele liebe Grüsse,
Lexi - die Erfolgreiche :-) Hab am Wochenende doch tatsächlich sieben prächtige, gesunde und wahnsinnig leckere Steinpilze in der Nähe von München gefunden - HURRAAAAAH
: hallo,
: 1) Die Gattung
: Die Gattung Champignon, Egerling (Agaricus) besteht in Mitteleuropa aus mehr
: als 60 Arten. Sie leben bevorzugt saprophytisch an feuchten wie an
: trockenen Stellen auf den verschiedensten Bodenarten. Einige erscheinen an
: Dünen, auf Sandböden, andere lieben eher einen stickstoffreichen
: Untergrund. Gemeinsamkeiten findet man nur an den Fruchtkörpern selbst. Im
: Vordergrund sind dies die dunklen (purpurbraunen) Lamellen, die im jungen
: Zustand der Fruchtkörper aber erst rosa (Eigenfarbe!) sind. Erst die
: purpurbraunen Sporen geben den Lamellen das gattungstypische Merkmal.
: Egerlinge zeichnen sich zudem durch mehr konvexe (nicht kegelig, nicht
: trichterig) Hüte aus, die entweder weiß oder weißlich, oder auch braun bis
: graubraun gefärbt sein können. Durch die weißen Hüte entsteht die
: Verwechslungsgefahr mit den Knollis, vor allem mit dem Weißen
: Knollenblätterpilz (Amanita virosa und verna). Hier sind die Lamellen aber
: weiß, auch im Alter, da das Sporenpulver weiß gefärbt ist. Der Hut kann
: außerdem feinschuppig, eingewachsen schuppig oder glatt sein (z.B. beim
: Wiesenchampignon).
: Die Lamellen sind wie oben beschrieben jung immer rosa (kann aber zwischen
: hell und eher dunkel variieren, man nehme sich ein Beispiel an den grell
: und lange rosa gefärbten Lamellen des Sommerchampignons [Agaricus
: aestivalis]) und im Alter immer purpurviolett (kann auch variieren). Sie
: sind frei, erreichen den Stiel also niemals.
: Der Stiel der Champignons birgt weitere entscheidende Merkmale. Diese sind
: vor allem an der oftmals knolligen, aber unbescheideten Basis zu finden
: (da Champignons kein Universalvelum besitzen). Ein Velum partiale
: (Teilvelum) schützt die Lamellen am jungen Fruchtkörper, indem es sich von
: der (ca.) Stielmitte bis zum Hutrand spannt. Wenn der Fruchtkörper größer
: wird und der Hut sich ausbreitet, so reißt das Teilvelum auf und
: hinterlässt einen +/- deutlichen Stielring (seltener hängen Teile am
: Hutrand). Ein Beispiel für einen ausgeprägten Stielring gibt der
: Stadtchampignon (Agaricus bitorquis). Hier ist der Ring sogar doppelt.
: Wichtig ist auch zu beachten, ob der Ring absteigt (also herabhängt) oder
: aufsteigt (wie gestiefelt wirkend). Bei älteren Fruchtkörpern kann der
: Ring bisweilen fehlen, da dieser abgefallen ist (vergänglich). Dies
: passiert beim Wiesenchampignon sehr oft.
: Das Fleisch der Champignons kann an der Luft verschiedene Reaktionen
: preisgeben. So kann es sich gelb, rot oder gar nicht verfärben. Die
: Champignons werden nach dem Verfärben des Fleisches in drei Gruppen
: eingeteilt (arvensis-Gruppe: gilbend, wobei die xanthoderma-Gruppe auch
: gilbt, jedoch besonders stark an der Stielbasis, silvaticus-Gruppe: rötend
: und campestris-Gruppe: nicht oder kaum merklich verfärbend). Eine andere
: Verfärbung geschieht nur mit chemischen Materialien: Die Schaeffersche
: Reaktion. Hierbei nimmt man das hochgiftige Anilin und konzentrierte
: Salpetersäure. Man zieht mit einer Pipette zwei Striche auf den Hut (ca.
: 15 mm lang), die sich kreuzen (daher auch Kreuzungsreaktion). Sollte sich
: der Schnittpunkt der Linien intensiv orange oder feuerrot verfärben, so
: ist die Reaktion positiv abgelaufen. Sollte sich keine Reaktion zeigen,
: nennt sich dies eine negative Reaktion. (als Beispiel: Wiesenchampignon
: [negativ], Anischampignon (arvensis) [positiv]).
: 2) Die Arten
:
:
: Der Wiesenchampignon (Agaricus campestris) wurde oben ja schon zigmal
: erwähnt. Tatsächlich handelt es sich hierbei um eine sog. Typusart, die in
: ihren Merkmalen eine typische Champignon-Art darstellt. Wem fällt auf die
: Frage "Kennst du einen Champignon?" nicht direkt der Name
: "Wiesenchampignon"? Seltener kommt die Antwort
: "Waldchampignon", oder Zuchtegerling. Der Karbolchampignon wird
: nur selten genannt. Die Merkmale des Wiesenchampignons sind die
: mittelgroßen Fruchtkörper mit einer max. Hutbreite von ca. 120 mm, der
: glatte, nur im Alter schwach eingewachsen schuppige, reinweiße Hut, die
: anfangs hellrosa, dann purpurfarbenen, freien Lamellen, der recht kurze
: (Beachte: Stiel übersteigt die Hutbreite nicht) Stiel mit dem
: vergänglichen Ring sowie das geruchlose (weder Anis noch Karbol) Fleisch,
: dass auch nach längerem Liegenlassen weder gilbt noch rötet.
:
: Der Waldchampignon (Agaricus silvaticus) ist meines Wisseins die
: zweitbekannteste Art. Im gegensatz zum wiesen- und feldbewohnenden (ital.
: campo = Feld) Wiesenchampignon ist der Waldegerling oder -champignon nur
: innerhalb von Wäldern zu finden. Dabei scheint er nicht wählerisch zu
: sein, kann er doch im reinen Nadelwald ebenso wie auch am
: flussbegleitenden Erlenbruchwald auffindbar sein. Die Merkmale sind vor
: allem der mittelgroße Hut (max. 10 cm), der oberflächlich feinschuppig und
: hasel- bis kastanienbraun (auch graubraun) gefärbt ist, die typischen
: Lamellen (purpur, frei) sowie das doch recht starke röten des Fleisches
: (vor allem Stielrinde). Eine ähnliche Art ist Agaricus haemorrhoidarius
: (von lat. haemorrhoides und gr. haimorrhoídes "Blutfluss; Bezeichnend
: für das rötende ["blutende"] Fleisch), die aber wesentlich
: größere Fruchtkörper bilden kann (bis 200mm).
:
: Der Anischampignon (Agaricus silvicola) ist ebenfalls gut bekannt, vor allem
: wegen seines duftenden (oder aufdringlichen, je nach Geschmack)
: Anisgeruchs und dem gilbenden Fleisch. Das gilbende Fleisch macht ihn aber
: verwechselbar, vor allem mit dem Karbolchampignon (Agaricus xanthoderma),
: der vor allem an der Stielbasis stark gilbt und unangenehm nach Tinte oder
: Karbol riecht (vor allem beim Kochen). Diese Art ist giftig, verursacht
: besonders Erbrechen, Durchfall und Bauchschmerzen, wirkt also
: gastro-intestinal. Doch zurück zum Anischampignon. Man unterscheidet hier
: eigentlich ca. drei Arten: Agaricus silvicola, Agaricus essettei (früher
: abruptibulbus "schiefknollig") und Agaricus arvensis. Agaricus
: silvicola ist der Dünnfleischige Anis-Egerling, der vor allem durch
: mittelgroße Hüte mit glatter bis leicht schuppiger, weißlicher bis zentral
: gelblicher Oberfläche, gattungstypische Lamellen, durch den dünnen Stiel
: mit vergänglichem Ring und besonder durch den namensgebensen Anis-Geruch
: sowie durch das Gilben am ganzen Fruchtkörper, nicht aber intensiv an der
: Stielbasis gekennzeichnet ist.
:
: Der Weinrötliche Zwerg-Egerling (Agaricus semotus) zählt zu den sog.
: Zwerg-Egerlingen oder -champignons. Die Gruppe heißt im mykologischen
: Fachchinesischen "Minores", also die "kleinen". Von
: diesen ist der hier beschriebene Pilz allerdings mit seinen mittelgroßen
: Hüten (bis 80 mm) der größte. Der Rest der Gruppe ist eher wenig bekannt
: und selten (außer Agaricus comtulus; Triften-Zwergchampignon). Die
: Merkmale des Agaricus semotus sind die eher kleinen Fruchtkörper mit der
: weinrötlichen Hutfarbe (die sich aber oft nur im Zentrum befindet, sogar
: ausbleiben kann!). Manchmal ist der Hut auch ockerlich bis gelbbraun
: gefärbt, zum Rand hin aber immer heller bis weißlich. Der Stiel ist oft
: recht lang, vergänglich beringt und basal knollig. Die Art hat einen
: zumindest schwachen, aber doch wahrnehmbaren Anisgeruch und gilbt schwach,
: vor allem nach längerem Liegenlassen. Sie erscheint im Herbst innerhalb
: von Wäldern, an Wegrändern, nach Beob. gerne auf dicken Laubschichten.
:
: Der letzte ist der giftige, der Perlhuhnchampignon (Agaricus
: praeclaresquamosus). Mindestens 10 der ca. 60 mitteleuropäischen Arten
: sind als ungenießbar, manche sogar als giftig einzustufen. Man muss sich
: also nicht nur gattungsextern (wohl ein von mir eben erfundenes Wort :-))
: vor Verwechslungen schützen, sondern auch gattungsintern. Der
: Perlhuhnchampignon ist zudem etwas variabel und kann dunkelgrau (wie im
: Bild) oder auch hellbraun gefärbt sein. Meine beobachteten Kennzeichen
: sind aber die lange konvexen (manchmal leicht trapezförmigen), später
: flach ausgebreiteten Hüte, die mehr als 150 mm Breite erreichen können,
: die feinschuppige, raue Oberfläche, die einem Perlhuhngefieder täuschend
: ähnlich sein kann, der gut ausgebildete Stielring, der im Alter als
: Sporenabfänger seine Arbeit macht (Stielring oft von herabfallenden Sporen
: dunkel gefärbt) sowie der aufdringliche, unangenehme Geruch und natürlich
: die kräftig chromgelb verfärbende Stielbasis (nach Verletzung). Diese Art
: wächt gerne an grasigen Waldrändern, aber auch in kleinen Waldstücken, bei
: Buchen ebenso wie bei Erlen oder Weiden.
: 3) Statistiken
: Anzahl der Arten: mehr als 60
: davon giftig: ca. 10
: Einteilungen: Verfärbung des Fleisches, Schaeffer-Reaktion, Hutgröße, Geruch,
: Ring (deutlich oder vergänglich; aufsteigend oder absteigend) sowie
: Hutfarbe (weiß, gelblich oder braun bis graubraun).
: Taxonomie: Basidiomycetes (Ständerpilze), Agaricales (Lamellenpilze),
: Agaricaceae (Champignonartige)
: 4) Worterklärungen
: Agaricus = Gattung der Egerlinge
: campestris = ital. campo "Feld"; lat. campus "Feld".
: silvicola = waldliebend, waldbevorzugend
: silvaticus = in Wäldern vorkommend
: xanthoderma = gelbhäutig; xantho "gelb"; derma "Haut"
: Champignon = aus fr.champignon "essbarer Pilz" (!), dies aus afr.
: champegnuel "der auf dem Feld wachsende" (!!)
: 5) Schluss
: Dies soll ein kleiner Einblick in evtl. folgende
: "Gattungsbeschreibungen" sein. Natürlich kann man hier nur
: gattungstypische Arten beschreiben und abbilden. Wenns euch so gefällt und
: wenns nicht ZU Hintermongolisch ist, dann kann ich dies auch gerne
: fortsetzen. Ansonsten werde ich wie gewohnt die Beiträge "kurz"
: und natürlich in Hintermongolisch formulieren *ggg*.
: Beste Grüße,
: Kazuya