: …gibt es hier keine mehr:
: Es war ein mir liebgewordenes Plätzchen.
: Steinpilze, Mehlräslinge, seit vielen, vielen Jahren.
: Ein schöner Ort.
: Ein letztes Relikt, das noch nicht den Maschinen zum Opfer gefallen ist.
: Dachte ich.
: Darum freute ich mich letzten Sonntag, mal wieder hinzugehen, nur um so ein
: wenig zu schauen.
: Ich habe fast geweint.
: Ich habe darüber ja früher schon mal berichtet.
: Siehe hier: http://www.pilzepilze.de/cgi-bin/webbbs/pconfig.pl?read=114858
: Ich will Euch damit nicht langweilen.
: Aber wem sollte ich mich denn anvertrauen?
: Der Wahnsinn scheint Methode zu haben.
: Hektar um Hektar werden über die Jahre komplett verwüstet.
: Methodisch.
: Jetzt wieder das hier.
: Auch wenn mir das niemand glaubt: Es geht mir gar nicht so sehr um Steinpilz
: & Co.
: Man baut eine persönliche Beziehung auf, zu solchen Orten.
: Ich bin einfach gern in den schönen Wäldern.
: Man geht auch mal schon im Frühjahr hin, einfach um ein wenig zu schauen.
: Ein paar Moospolster zu streicheln, den altbekannten Bäumen guten Tag zu
: sagen.
: Wer sagte es einst so schön?
: „Der Wald ist ein hosentaschenwarmer Gnadenort von eigenartiger Ambivalenz.“
: In der Umgebung von Baden, wo ich wohne, ist nicht einmal mehr die Ambivalenz
: geblieben.
: Das obige Bild ist eigentlich verharmlosend.
: Man sieht das Ausmass der Zerstörung nicht.
: Tief ist der Boden umgepflügt von den schweren Maschinen.
: Die Haufen liegen hüfthoch.
: Rechts und links haben sie in diesem Falle einiges stehengelassen, wie das
: Bild zeigt.
: Manchmal verschonen sie nur ein paar wenige Bäume.
: Die schieben dann verzweifelt Wache über der Oednis, überblicken mit ihren
: zerzausten Kronen hilflos die Zerstörung.
: Es ist nicht so, dass Neues entstünde, über die Jahre.
: Das ist eine Mär.
: Keine Kleintiere tummeln sich vergnügt, nichts raschelt und lebt hier, keine
: Vögel singen.
: Im Gegenteil: Die Hitze liegt im Sommer bleiern und totenstill über den
: verwesenden Haufen.
: Es sind schauerliche Orte geworden, unbelebt.
: Still, beängstigend, fremd, eine unangenehme Umgebung, die man schnell wieder
: verlässt. Auch die Füchse sind lieber in der Stadt.
: Einzig hie und da das schaurige Klirren einer entschlossen Fett verbrennenden
: Phalanx von Nordic-Walkerinnen auf den sauber geschotterten Wegen, die die
: Zerstörungsgebiete quer durchschneiden.
: Das passt gut. Das Bild ist vollständig.
: Von ferne das Dröhnen schwerer Maschinen und das Krachen stürzender Bäume.
: Ich verstehe diese Welt nicht mehr, gehöre da nicht hin.
: Wie hatten wir doch damals Angst vor dem Waldsterben!
: Es ist nicht so eingetreten, wie gedacht.
: Die schrecklichsten Vorstellungen, wie es nach dem Waldsterben aussehen
: könnte, werden jedoch hier übertroffen.
: Aber von Menschen gemacht.
: Ich bleibe fern. Pilze betrachte ich vielleicht noch an den Wiesen und
: Böschungen.
: Ich habe auch keine Lust, in eine andere Gegend der Schweiz umzuziehen, wo es
: noch nicht so schlimm ist, nur um mich weiter mit Pilzen beschäftigen zu
: können.
: Nicht überall sieht es so aus. Trotzdem.
: Ich bin ratlos.
: Vielleicht werde ich in Zukunft halt wieder mehr auf die Berge steigen und
: die Pilze Pilze sein lassen.
: Euer Harald Andres
Hallo Andres - es tut mir in der Seele weh, wenn ich diese Bilder sehe und deinen sehr beeeindruckenden Text lese.
Ich habe ihn meiner Tochter vorgelesen - auch wenn wir pubertätsbedingt nicht immer einer Meinung sind, so hat es uns traurig gemacht.