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Pilze Pilze Forum Archiv 2009

Es läßt uns noch keine Ruhe :-(

Geschrieben von: HoBi
Datum: 9. September 2009, 17:48 Uhr

Antwort auf: Re: Haben mal nachgefragt... (pilzliebhaber)

Hallo Pilzliebhaber,

nochmals vielen herzlichen Dank für Deine ausführliche Antwort und Geduld!!!

Eigentlich trauen wir uns schon gar nicht mehr, Dir noch eine Frage zu stellen.
Aber so richtig in Ruhe läßt uns das Thema noch nicht.

Inzwischen haben wir uns die Homepage (http://www.nw-fva.de/) der Nordwest-
deutschen Forstlichen Versuchsanstalt in Göttingen angesehen, auf die sich
"unsere" Revierförsterei in ihrer Mail bezogen hat.
Die Versuchsanstalt ist für die Wälder in Niedersachsen, Hessen und Sachsen-Anhalt
zuständig.
Wir haben uns den Waldzustandsbericht 2008 für Niedersachsen mal angesehen.
In dem Bericht wird die Kalkung als vielfach belegte wirksame Methode
dargestellt, die Waldböden tiefgründig zu entsauern und den Ernährungs-
zustand (auch) von Buchen zu verbessern.
Die Prioritätenliste, von der in der Mail der Revierförsterei die Rede war,
ist leider nicht online.
Es wird wahrscheinlich nicht viel bringen, aber wir überlegen, auch die Versuchs-
anstalt mit der Bitte um genauere Informationen mal anzuschreiben.

Aus diesem Grund unsere Frage:
Gibt es eine wissenschaftliche Studie, die das Kalken von Wäldern als kritisch
ansieht, auf die wir uns ggf. beziehen können?

Viele Grüße von

Sabine & Holger

: Hallo Sabine und Holger,

: zunächst einmal Vielen Dank für eure Bemühungen hinsichtlich der Nachfrage.
: Es ist schon interessant zu Wissen dass es immer noch Gebiete in Deutschland
: gibt wo per Rundumschlag reine Kalkungsmaßnahmen durchgeführt werden.

: Bei der Maßnahme handelt es sich praktisch um eine indirekte Düngung.
: In den meisten Böden stimmen die Basenversorgung (=Sättigung des Bodens mit
: Calzium (Ca), Kalium (K) und Magnesium (Mg)) mit der Nährstoffversorgung
: (= Versorgung des Bodens mit Stickstoff (S) und Phosphor (P))überein.
: D.h. dass nähstoffereiche Böden i.d.R. auch eine gute Basensättigung haben.
: Damit die Nährstoffe von den Pflanzen aufgenommen werden können ist eine
: bestimmte Basensättigung notwendig, da die meisten Nährstoffe im Boden
: ungebunden und damit für Pflanzen nicht verfügbar sind. Ein wichtiger
: Faktor der Bodenfruchtbarkeit ist hierbei die sog. Austauschkapazität.
: Diese nimmt mit zunehmender Basensättigung zu da der Anteil der für die
: Nährstoffbindung verantwortlichen Kationen (hier Ca2+ und Mg2+) zunimmt.
: Die Nährstoffe werden also gebunden und sind für die Pflanzen verfügbar.
: Soweit nur zum Verständnis warum es sich um eine indirekte Düngung
: handelt.

: Durch das Ausbringen von Basen wird also ein nicht unerheblicher Düngeeffekt
: erzielt der sicher nicht ohne Auswirkung auf die Funga bleibt. Zum einen
: sind die Mykorrhizapilze auf bestimmte Nährstoff- und Basengehalte des
: Bodens "angepaßt" und bei Veränderungen derselben im Boden kommt
: es über kurz oder lang auch zu Veränderungen der Mykorrhiza-Pilzarten. Die
: unterschiedlichen Gattungen der Ektomykorrhiza-(engl. ECM) pilzarten
: reagieren auch unterschiedlich sensibel. Z.B. haben Cortinarius-Arten sehr
: viele sog. abziehende Hyphen an den ECM und damit eine sehr große
: Kontaktoberfläche im Bodenraum. Andere ECM-Pilzarten haben geringere
: Kontaktoberflächen und reagien nicht ganz so sensibel. Die durch Wasser-
: und Nährstoffmangel motivierte und für die ECM-Bildung mit verantwortliche
: Ausschüttung von Phytohormonen (Auxinsynthese) wird reduziert. Auch
: dadurch können sich Veränderungen ergeben.

: Eine weitere mögliche Folge ist auch die zunehmende Verkrautung der
: betreffenden Wälder. Diese ist von verschiedenen Faktoren wie z.B
: Tiefgründigkeit des Bodens und dem Kronenschluß abhängig. Bei lockeren
: Kronenschluß kommt mehr Licht und Wärme auf den Boden. Dies führt zu einer
: beschleunigten Nährstofffreisetzung und hat damit neben dem Effekt der
: Vekrautung auch Einfluß auf die Funga.

: Abschließend möchte ich noch anmerken dass es natürlich schwierig ist aus der
: Entfernung etwas genaueres zu sagen. Es scheint mir aber ein klassisches
: Beispiel dafür zu sein, was regelmäßig und weitestgehend unbemerkt in
: unseren Wäldern vorgeht. Nach den von euch gegebenen Informationen kann
: ich mir nicht vorstellen, dass eine Kalkung in diesem Wald aus
: ökologischer Sicht einen Sinn macht.
: Die überflüssige Düngung unserer Wälder, egal ob direkt oder indirekt, hat
: zumeist negativen Einfluß auf die Artenvielfalt der Funga und Flora und
: damit zwangsweise auch der Fauna.

: Viele Grüße
: pilzliebhaber

Beiträge in diesem Thread

Frage zum "Kalken" von Wäldern -- HoBi -- 28. August 2009, 17:46 Uhr
Re: Frage zum "Kalken" von Wäldern -- goldsucher -- 28. August 2009, 19:45 Uhr
Re: Frage zum "Kalken" von Wäldern -- pilzliebhaber -- 28. August 2009, 20:14 Uhr
@ Goldsucher und Pilzliebhaber -- HoBi -- 29. August 2009, 19:21 Uhr
Re: @ Goldsucher und Pilzliebhaber -- pilzliebhaber -- 29. August 2009, 21:43 Uhr
Werden mal nachfragen... -- HoBi -- 29. August 2009, 22:52 Uhr
Haben mal nachgefragt... -- HoBi -- 6. September 2009, 16:28 Uhr
Re: Haben mal nachgefragt... -- goldsucher -- 6. September 2009, 23:45 Uhr
Re: Haben mal nachgefragt... -- pilzliebhaber -- 7. September 2009, 11:50 Uhr
Es läßt uns noch keine Ruhe :-( -- HoBi -- 9. September 2009, 17:48 Uhr
ich schließe mich an -- phragmobasidie -- 9. September 2009, 20:42 Uhr

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