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Pilze Pilze Forum Archiv 2010

Re: Regeln zur Dokumentation bei Pilzbeschreibunge

Geschrieben von: Christoph
Datum: 17. Februar 2010, 14:50 Uhr

Antwort auf: Re: Regeln zur Dokumentation bei Pilzbeschreibunge (Krötenhocker)

: @Christoph
: Möchtest du deine Antwort hier nochmal geben, um die Diskussion hier
: fortzuführen?

Aber gerne doch ^^

Servus Jens,

Wolfgang hatte es ja schon geschrieben (DGfM): Man kann niemanden zwingen, eine bestimmte Arbeitsweise aufzugreifen. Paragraphen und Regelwerke greifen ins Leere. Man kann höchstens überzeugen.
Als einzige haben hier die Zeitschriften die Möglichkeit, Standards festzulegen (hat Wolfgang schon beschrieben).

Die von Dir empfohlene Arbeitsweise macht wirklich Sinn. Aber nicht jeder, der Pilze als Hobby untersucht, wird sie sich zu eigen machen wollen. Es ist eine Art negativer Feedbackschleife. Die meisten populärwissenschaftlichen Bücher verwenden nur von - bis - Werte (welche Pilzbilderbuchautoren schaffen es, alle behandelten Arten persönlich auszumessen?). Viele Artikel aus dem Amateurbereich in Zeitschriften ebenfalls. Warum sollte man sich also selbe rmehr Arbeit machen, wenn man mit weniger auch zum Ziel kommen kann (Bestimmung, Publikation etc.)?

Letzten Endes nur die Liebe zum Detail oder Überzeugung aufgrund von Argumenten. Regelwerke werden das ganz sicher nicht leisten - im Gegenteil, sie dienen eher als Reibungsfläche.

Was mit bei deinem Beispiel im DGfM-Forum aufgefallen ist: Du scheinst die Sporen auf 0,1 µm "Geneuigkeit" zu messen. Insofern sind Deine Messwerte ohnehin nur geraten. Die Auflösung des Lichtmokriskops liegt bei maximal 0,3 µm (geköhlert, Blaufilter, sehr gute Optik). Unser Auge suggeriert aufgrund unserer Bildbearbeitung der Netzhaut und des Gehirns eine größere Schärfe als tatsächlich vorhanden. Messungen per Computer vom Bildschirm legen auch irgendwo in die Unschärfen der Beugungserscheinungen die Messpunkte - und raten damit auch.

Sobald ich Sporenmaße wie 5,3 - 7,2 x 3,4 - 4,2 µm lese, werde ich sehr misstrauisch bzw. skeptisch. Mittelwerte sind etwas anderes, aber exakte Werte?
Sind es Konfidenzintervalle, so weiß man, dass es nur statistische Grenzen und nicht messbare Größen sind... Wenn dann aber in den Klammern für die Ausreißer wieder Werte auf 0,1 µm genau angegeben werden, ist die Messung angreifbar. Es wird eine größere Genauigkeit vorgegaukelt, als in der Realität vorhanden. Kommen die gleichen Konfidenzintervalle heraus, wenn man alle Messwerte in 0,5 µm-Schritten rundet?

Ich messe selber eher mehr als wenig Sporen (meist über 30 pro Kollektion), damit ich gute und saubere Mittelwerte erhalte. Wenn man aber mal anfängt, von der selben Kollektion junge und alte Fruchtkörper bezüglich ihrer Sporengröße zu untersuchen (bezogen auf Basidiomycota / Hymenomyzeten), wird man manchmal überrascht sein. Ich habe daher den Verdacht, dass die Konfidenzintervalle eine zu hohe Genauigkeit vorspiegeln. In Bezug auf die Einzelkollektion sind sie sehr sinnvoll. Will ich aber einen Pilz selber bestimmen, ist es mir gleich, ob eine einzelne Aufsammlung bezüglich der Sporengröße zwischen a und b schwankt. Nein, ich hätte gerne einen Test, ob meine Kollektion bezüglich der Sporenmaße in der Gesamtheit der fraglichen Art liegt.

Ich persönlich empfinde die Mittelwerte daher als aussagekräftiger als die Konfidenzintervalle der Einzelmessungen. Um die Schwankung der Mitelwerte abschätzen zu können (um ein Bestimmungsergebnis erzielen zu können), muss man aber einige Aufsammlungen durchmessen. Beispiel: 30 Kollektionen des Kahlen Kremplings mit je 30 gemessenen Sporen ergibt insgesamt 900 Sporen. Dann erst kann man halbwegs abschätzen, wie die Sporenmaße der Art (!) schwanken. Will man weitere Effekte (unterschiedliche Ökologie, Fruchtkörperalter etc.) als Einflussfaktor untersuchen, müsste man mehr Kollektionen ausmessen und beispielsweise die Mittelwerte der Einzelkollektionen mit deren Umweltdaten (Baumpartner, FK-Alter, Boden-pH, Bodenfeuchtigkeit, Witterungsverlauf, Mikroklima etc.) verschneiden. Beispielsweise über eine Korrespondenzanalyse.

Ich kenne noch keine Publikation, in der dies geleistet wurde. Dann aber könnte man sichere Aussagen über die möglichen Sporenmaße einer Art treffen.

Den statistischen Aufwand bei Beschreibungen einzelner Kollektionen zu betreiben ist lobenswert, aber vermutloch nur ein winziger Tropfen auf den heißen Stein.

Mein Vorschlag: anstatt zu viel zu verlangen, wäre es vielleicht praktikabel, ein für jeden leicht erreichbares Minimum zu erbitten (und nicht zu fordern):

Angabe, wie viele Sporen gemessen wurden (und welche: Abwurf, Stielspitze/Velum, von der Lamelle/Röhre)
Angabe des Mediums, in dem gemessen wurde
Berechnung des Mittelwerts der Sporenmaße

Würde dies von möglichst vielen praktiziert werden, kann man daraus später Rückschlüsse auf die Schwankungen der Mittelwerte bestimmter Arten ziehen.

LG
Christoph

Beiträge in diesem Thread

Regeln zur Dokumentation bei Pilzbeschreibungen -- Krötenhocker -- 17. Februar 2010, 14:07 Uhr
Re: Regeln zur Dokumentation bei Pilzbeschreibunge -- Krötenhocker -- 17. Februar 2010, 14:12 Uhr
Re: Regeln zur Dokumentation bei Pilzbeschreibunge -- Christoph -- 17. Februar 2010, 14:50 Uhr
Re: Regeln zur Dokumentation bei Pilzbeschreibunge -- Krötenhocker -- 17. Februar 2010, 19:33 Uhr

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