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Pilze Pilze Forum Archiv 2001

Re: theorie zum morchelwachstum

Geschrieben von: Christoph
Datum: 19. April 2001, 00:21 Uhr

Antwort auf: Re: theorie zum morchelwachstum (Waldemar Pfrengle)

Servus Michel, servus Waldemar,

interessante Ideen! Es wäre nur zu klären, für welche "Morchelarten" das zutrifft. So gibt es die "typische" Kalknadelwaldart unter Fichte oder Tanne (meist die erste im Jahr), ? Morchella conica var. deliciosa (ich blicke nicht ganz durch bei den tausend Namen und Formen und Arten und und und...), die vielleicht wirklich Mykorrhizen bildet und somit nicht deinen Ideen entspricht(?). Dafür spricht hier die z. T. "ewig lange" Standorttreue.
Von Morchella esculenta (bzw. M. rotunda, wie auch immer) wurden meines Wissens Mykorrhizen mit Esche (Fraxinus) beschrieben, die Deinen ausführungen entsprechen (Sklerotien bildend, z. T. direkt an den Wurzeln, vielleicht auch an den Wurzlen parasitierend). Habe aber keine Literaturstelle parat, habs vom Hörensagen. Sobald die Esche austreibt (oder ein anderer Wirtsbaum wie Pappel, Eiche etc.), fängt der "Saftfluss", also der Nährstofftransport im Baum an zu fließen. Dass genau dann die Morchel fruktifiziert, deutet eigentlich eher an eine Bindung an die Wurzeln besonders im Frühjahr hin... So suche und finde ich eigentlich meine Speisemorcheln. Bevor die Eschen ausschlagen ists mit der "gelben" hoffnungslos. Auf Rindenmulch finde ich eigentlich nie die gelbe, sondern eine Form, Art oder wie auch immer, die ich meistens Morchella costata (s. str. ?) nenne. Diese scheint eher saprotroph zu leben??? Mir ist aber auch bekannt, dass gerade um tote Ulmen, aber auch um Eschen selbst gelbe manchmal in großer Zahl wachsen. Möglich, dass, falls die Wurzeln sterben, dann aus den Sklerotien die letzten Kräfte gesammelt werden, um vor dem Tod noch mal viele Sporen zu produzieren??? Ich bin aber skeptisch, dass ein und die selbe Art mal als Mykorrhizapilz, mal als Saprober lebt. Eher kann ich mir hier eine ökologische Arttrennung bzw. Rassenbildung vorstellen. Aber wer weiß?
Auch bei anderen Arten, z. B. den Kremplingen, wurde und wird schnell geschrieben, dass sie "fakultative" Mykorrhizapilze seien. Entsprechende Feldversuche, die dies belegen sollten liefen in den 70er Jahren (Laiho 1970), doch sobald die Verbindung zur Wurzel weg war, war Aus, Schluss und Vorbei! Die einzigen fruktifizierenden bzw. überlebenden Myzelien hatten es doch noch geschafft, eine neue Wurzel zu finden. Trotzdem hält sich bis heute das Gerücht, Kremplinge würden fakultativ Mykorrhiza bilden (wird auch manchmal bei Laccaria behauptet, aber ebenfalls ohne jeden Beweis).

Was auf jeden Fall klar ist, dass im Falle Rindenmulch sich die Morchel neu ansiedeln muss, da ja sie ja vorher nicht vorhanden war. Das deutet doch wirklich mehr auf eine Anpassung an kurzlebige Substrate hin als auf einen gemächlichen, eher gemütlich sich verbreitenden Mykorrhizapilz, der ja alle Zeit der Welt hat, irgendwann mal Nachkommen zu erzeugen.
das gilt doch auch für Feuerstellen, oder nicht?

Also, ich glaube, dass die wirklich saproben Morcheln was eigenes sein könnten, dass aber die kurzfristige, vermehrte Fruktifikation eher eine "Panikreaktion" der Symbionten ist.

Deshalb glaube ich an mindestens drei Arten:
Morchella "Weißtannenwald auf Kalk bzw. Fichte"
Morchella "Eschen und andere Laubhölzer mit Mykorrhiza (?)"
Morchella "saprotroph auf Mulch und anderen kurzlebigen Substreten, bzw. Feuerstellen (die ich noch nie gesehen habe...)"

Ach ja, und natürlich als vierte die Morchella senmilibera (Käppchenmorchel).

Ich hoffe, das war nicht zu lang (hüstel). Vielleicht gibt's ja ne interessante Diskussion.

Ciao, Christoph

P. S. Michel:
Habe gehört, Du führst unseren Münchner Arbeitskreis nach Garmisch... Freu mich schon.

: Hallo Michel,
: klingt alles plausibel. Ich habe mir da auch schon so einiges überlegt: im
: Fall der Walbrandgeschichte gibt es sicherlich einen gehörigen pH-Schub
: beim ersten Regen durch die reichlich vorhandenen Carbonate (Potasche
: etc.), evtl. hat auch das eine "sterilisierende" Wirkung?
: Gleichzeitig damit steigt der Gehalt an Na, K, Ca und Mg im Boden
: kurzzeitig stark an.

: Rindenmulch der aus der Holzindustrie (schälen der Nadelholztämme) kommt
: enthält einen Haufen Närstoffe (Eiweis/Mineralien). Gleichzeitig
: verhindert der saure Charakter und der Abdeckeffekt unerwünschtes
: Pflanzenwachstum. Ich denke die Situation ist durchaus der beim Waldbrand
: nicht unähnlich.
: Für das Ausbleiben weiterer Ertäge beim Mulch könnte einerseits ein rascher
: Verbrauch der Nährstoffe oder aber eine Verschiebung des pH im darunter
: liegenden Boden in Richtung Sauer (durch den sich zersetzenden Mulch)
: sein.

: Viel Glück beim morceln!
: Meine derzeitigen Beobachtungen in den rheinhessischen Obstfeldern stützen
: leider nicht meine Theorie zur obigen pH Geschichte, jedoch ist auch hier
: auffällig, dass die Wichteln fast immer nahe zwischen den Bäumen und dort
: bevorzugt auf bewuchsfreiem Terrain zu finden sind.
: Leider habe ich in benachbarten Wäldchen noch nichts finden können :-(.

: P.S. Mit all dem was man über den Morchelzyclus weis sollte es doch möglich
: sein diese zu züchten. Einem Amerikaner ( R. Ower et al) ist es angeblich
: gelückt. Gibt es ausser dem noch andere mit erfolgreichen Zuchtversuchen?

: Grüsse
: Waldemar

Beiträge in diesem Thread

theorie zum morchelwachstum -- michel -- 18. April 2001, 09:35 Uhr
Re: theorie zum morchelwachstum -- Waldemar Pfrengle -- 18. April 2001, 18:22 Uhr
Re: theorie zum morchelwachstum -- Christoph -- 19. April 2001, 00:21 Uhr
Re: theorie zum morchelwachstum -- michel -- 19. April 2001, 08:36 Uhr
Re: theorie zum morchelwachstum -- holger2 -- 20. April 2001, 15:23 Uhr
Re: theorie zum morchelwachstum -- michel -- 20. April 2001, 19:02 Uhr
Re: theorie zum morchelwachstum -- Waldemar Pfrengle -- 19. April 2001, 11:34 Uhr
Re: theorie zum morchelwachstum -- ismene -- 19. April 2001, 19:11 Uhr
Re: theorie zum morchelwachstum -- elfi -- 19. April 2001, 00:09 Uhr

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