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Gyromitrin/Helvellasäure
Geschrieben von: Interhias Antwort auf: Re: Bischofsmützen (bleem)
Datum: 11. November 2000, 11:55 Uhr
Hi bleem! Erstmal Danke für den interessanten Link! Ich hab ihn zum Anlaß genommen, mich mal ausführlicher über die Gattung Gyromitra schlauer zu machen. Dabei bin ich vor allem im russischen, aber auch im deutschsprachigen Internet auf eine geradezu atemberaubende Verwirrung im Umfeld von Morcheln und Lorcheln gestoßen. Offenbar enthalten alle Gyromitra-Arten Gyromitrin, das im menschlichen Körper in das sehr toxische Methylhydrazin umgewandelt wird. Über die Beständigkeit und Konzentration des Gyromitrin in den einzelnen Arten gibt es unterschiedliche Auffassungen. In jedem Falle scheint festzustehen, daß man beim Rohgenuß von Gyromitra mit mehr oder weniger tragischen Folgen zu rechnen hat. Bischofsmützen und Riesenlorcheln enthalten offenbar generell weniger Gyromitrin als Frühjahrslorcheln, zudem scheint es beim Toxingehalt gewaltige regionale Unterschiede zu geben. Daß zum Beispiel im Gerhardt die Frühjahrslorchel als giftig, die Riesenlorchel als ungenießbar und die Bischofsmütze als eßbar eingestuft wird, ist schon irgendwie eigenartig. Ein russischer Autor, den ich wegen seiner genauen Kenntnis der westlichen mykologischen Literatur und vor allem wegen seiner über 60!-jährigen Erfahrung im Sammeln und massenhaften Aufessen von Pilzen aller Art sehr schätze, läßt von den Frühjahrslorcheln generell die Finger, weil ihm persönlich Todesfälle nach dem Genuß selbst gründlich abgekochter Pilze bekannt sind. Riesenlorcheln und Bischofsmützen trocknet er in einem unbewohnten Raum und verwendet sie frühestens nach 6 Monaten. Im Zusammenhang mit Lorcheln und Morcheln taucht immer wieder die Helvellasäure auf, in den meisten Fällen auch explizit vom Gyromitrin unterschieden. (Die Formel habe ich leider nirgends gefunden.) In vielen Veröffentlichungen wird die Helvellasäure den Lorcheln zugeordnet. Vgl: http://www.infomed-austria.at/duden_medizin/h/14 und http://www.gargantua.com/akl/akl843.htm (auf letzterer Site ganz unten bricht wirklich Chaos aus.) In Rußland hält sich hartnäckig das Gerücht, daß Morcheln Helvellasäure enthalten, weswegen allgemein empfohlen wird, sie vor der Zubereitung abzukochen und das Kochwasser wegzuschütten oder sie erst nach längerer Trocknung zu verwenden. Um zu den Bischofsmützen zurückzukommen, wenn es nächstes Jahr im Spätherbst wieder so viele geben sollte wie heuer, werde ich mal ein paar separat trocknen und in einer Suppe ausprobieren. Interhias |
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