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Re: Entoloma araneosum agg. ± Schnallen ?!?

Geschrieben von: Stephan Weißer
Datum: 27. Mai 2019, 13:32 Uhr

Antwort auf: Re: Entoloma araneosum agg. ± Schnallen ?!? (UmUlmHerum)

: Tja, ab wieviel Abweichungen zu wievielen Beschreibungen kann man sich (ohne
: Sequenzierung) mit einer Art sicher sein?

Hallo Rika,

eine völlig berechtigte Frage. Je seltener die Art und je weniger gut die Gattungsbearbeitung insgesamt, desto weniger die Verlässlichkeit der angegebenen Merkmale. Schon öfter hatte ich den Fall, dass ich aus der Literatur eine "Mehrheitsmeinung" über bestimmte Merkmale extrahieren und dann auch noch die Glaubwürdigkeit einzelner Autoren abwägen musste. Daran sieht man, wie schlecht seltene Pilze eigentlich erforscht sind. Jetzt nichts gegen NOORDELOOS und ähnliche Koryphäen, aber man muss sich doch bewusst sein, dass das alles in ihren Gattungen Einzelkämpfer und letztlich Freaks sind, denen fachlich kaum jemand folgen kann (bzw. will), sondern lieber nachplappern.

Z. B. bei den Risspilzen war STANGL auch so einer. Als ich mir den STANGL zulegte, dachte ich mir, dass ich bei Risspilzen nun endlich Land sehe. Tatsächlich endete es dann so, dass von mir gefundene Risspilz-Kollektionen nach dem STANGL ziemlich unbestimmbar waren: von 12 Merkmalen stimmten immer so 7 bis 8 überein, andere dagegen gar nicht. STANGL unterließ es leider auch, die Prägnanz und Relevanz bestimmter Merkmale herauszustellen, er reihte bei seinen beschriebenen Arten munter Merkmal an Merkmal, so dass alles gleich wichtig oder unwichtig erschien - von den absolut nichtssagenden und ziemlich untreffenden Pilzillustrationen ganz zu schweigen. Irgendwann fiel das anderen Pilzexperten dann mal auf, dass es da massive Artvermischungen gegeben haben muss, und dass der STANGL für die Risspilzbestimmung - so hart man das angesichts der Menge Arbeit, die darin steckte, sagen muss - unbrauchbar ist. Daher denke ich mir, dass das bei Entoloma und NOORDELOOS ähnlich sein könnte. Leider gibt es nicht DAS Entoloma versatile, sondern nur das Entoloma versatile, das von dem und dem Autor in dem und dem Artikel als solches bezeichnet und beschrieben wurde. Deswegen auch der Hinweis mit den 10 von 12 Merkmalen. Die beiden restlichen Merkmale hat dein Autor dann leider gar nicht oder anders (falsch) gesehen - schließlich ist irren menschlich.

Gottlob passt bei meiner Lieblingsgattung, den Täublingen, der Erforschungsstand so weit, als dass man sich auf ein Merkmal einer zu bestimmenden Kollektion ziemlich sicher verlassen kann. Ob ein Täubling septierte Dermatozystiden oder tönnchen- oder tennisschlägerförmige Haarglieder hat, gibt es keine zwei Meinungen. Du musst die Merkmale sauber erheben, und dann findest du in der Literatur immer eindeutige Lösungen. Aber das ist in anderen umfangreichen Gattungen eben nicht so.

FG
Stephan

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