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Re: Naucoria?
Geschrieben von: jesko Antwort auf: Naucoria? (Klaas)
Datum: 16. Mai 2014, 01:01 Uhr
Hallo an alle, dank dem Link von Andreas (K.) habe ich mir mal die beiden jüngeren Arbeiten von Moreau (2005) und Moreau & al. (2006) angeschaut. Nach diesen darf man zumindest vermuten, dass die Autoren unveröffentlichte Sequenzdaten in der Hinterhand haben, die belegen, dass Naucoria amarescens und Naucoria geraniolens tatsächlich eigenständige Sippen sind. Doch kann man die auch morphologisch und/oder ökologisch zuverlässig auseinanderhalten? Vesterholt und Heilmann-Clausen (Funga Nordica) geben dazu an, dass Naucoria geraniolens anscheinend nur durch den milden Geschmack sicher unterschieden werden kann. Geschmacksangaben habe ich zu den in diesem Thread vorgestellten/diskutierten Kollektionen allerdings nicht gefunden. Bei der Sippe, die ich selbst im Frühjahr an mehreren Standorten vor allem in Tagebaurekultivierungsgebieten bei Pappel und/oder Weide (keine Brandstellen!) beobachtet habe, ist der Geschmack bitter, also Naucoria amarescens. Da die Funde von Klaas und Andreas (K.) ökologisch und phänologisch wohl mit meinen vergleichbar sind (Andreas erwähnt Populus tremula!), stünde auch hier die Frage nach dem Geschmack. Im Übrigen deutet Moreau auch an, dass in diesem Formenkreis noch mehr stecken könnte. Interessant ist auch die Diskussion der Frage, ob die Gattung nun Naucoria oder Alnicola heißen soll. Der Argumentation, aufgrund derer Moreau Alnicola verwendet, kann ich allerdings nicht folgen. Die Frage, ob man den (älteren) Gattungsnamen Naucoria für die Erlenschnitzlinge verwendet, entscheidet sich praktisch an zwei Punkten: 1. Kann/muss die Lektotypisierung der Gattung Naucoria mit Agaricus escharoides durch Donk bzw. Moser & Jülich akzeptiert werden, und, wenn ja, 2. kann Agaricus escharoides auf eine Art aus dieser Gattung festgelegt werden? Nun kann man einen einmal bestimmten Lektotyp nur verwerfen, wenn dieser im ernsthaften Widerspruch zum Protolog steht (ICN 9.19), denn schließlich ist der Sinn einer Typisierung der, eine bestimmte Interpretation (mit all ihren Für und Wider) verbindlich zu machen. Moreau bringt zwar eine Reihe von Argumenten, zeigt aber einen solchen ernsthaften Widerspruch zum Protolog nicht auf. Daher denke ich, dass man den Lektotyp A. escharoides für Naucoria wird anerkennen müssen. Nun müsste A. escharoides auch noch typisiert werden. Das sollte entweder in dem Sinne, wie er heute zumeist gebraucht wird, oder im Sinne von Naucoria luteolofibrillosa geschehen (s. die Argumentation Moreaus). Damit sollte aus meiner Sicht für die Gattung der Name Naucoria, nicht Alnicola verwendet werden. Moreaus Entscheidung für Alnicola ist sicherlich auch der französischen Gewohnheit geschuldet, wie er selbst einräumt. Man sollte aber keinesfalls ignorieren, dass der Gattungsname Naucoria anderswo durchaus gebraucht wird. Daher sehe ich keinen besonderen Grund, im Interesse der Stabilität der Nomenklatur nun so zu typisieren, dass Naucoria praktisch nicht mehr verwendet werden kann und Alnicola verwendet werden muss, ganz abgesehen davon, dass die frühere Lektotypisierung aus meiner Sicht nicht verworfen werden kann und der nomenklatorische Kunstgriff Moreaus nicht funktioniert. Aber sicherlich wird die Gattung ohnehin aufzuspalten sein (s. Moreau & al. 2006), mal schauen, was dann nomenklatorisch herauskommt. Viele Grüße, Jesko
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