Pilze und Ernährung

Was ess' ich da?




Immer wieder werden im Pilzforum Fragen nach der Zubereitung von Pilzgerichten gestellt. Einen Überblick über die bisher geposteten Rezepte hat Reinhard Traspel aus dem Archiv des Forums zusammengestellt.
Die ernährungswissenschaftlichen und -technischen Aspekte hat Thomas Pruß untersucht.

"Pilze? Nee, da geh' ich nicht dran!" So hört man es immer wieder von Menschen, die einem, halb neidisch, halb schaudernd, in den wohlgefüllten Pilzkorb peilen. Aber wer jemals eine Pfanne gebratener Steinpilze oder Schnitzel vom Parasol-Pilz gekostet hat, ist der Pilz-Sucht so gut wie verfallen.

Aber was sammelt und isst man da eigentlich? Und ist das, was man da isst, auch gesund?

Pilze sind keine Tiere. Sie sind aber auch keine Pflanzen, sondern bilden ein eigenes Reich. Ihre Sonderstellung macht sich nicht nur durch ihr exotisch anmutendes Äußeres bemerkbar, sondern schon auf der zellulären Ebene: Ihre Zellwände bestehen nämlich nicht aus Cellulose, sondern aus dem, normalerweise nur bei Gliedertieren und Insekten vorkommenden Chitin.

Chitin ist zwar wie die Cellusose ein Polysaccharid, aber statt aus Glukose (Traubenzucker) besteht Chitin aus dem Aminozucker N-Acetylglucosamin.

Nur ganz wenige niedere Pilzarten besitzen Zellwände aus Cellulose. Deshalb kann z. B. der Echte Mehltau sehr leicht in seine Wirtspflanzen eindringen.

Kochzeiten verlängern

Chitin ist unverdaulich, weshalb eine Pilzmahlzeit ziemlich schwer im Magen liegen kann vor allem, wenn man sie in Eile zu sich genommen und dabei das Kauen vergessen hat. Andererseits ist Chitin aber ein Ballaststoff, der die Darmtätigkeit anregt.

Die schwere Verdaulichkeit der Pilze löst auch immer wieder Verdauungsstörungen aus, vor allem bei Personen, die sich hauptsächlich ballaststoffarm ernähren.

Der Hauptgrund für diese Verdauungsschwierigkeiten liegt aber in allererster Linie darin, dass die Pilze zu kurz gekocht wurden. In vielen Kochbüchern werden zu kurze Kochzeiten angegeben. Wir raten, Wildpilze stets gründlich zu garen und mindestens 15 Minuten, aber nicht länger als 20 Minuten zu erhitzen.

Pilze für die Diät

Der Nährwert der Pilze ist verglichen mit anderen Lebensmitteln nicht besonders hoch. Das liegt wiederum aber in erster Linie an dem unverdaulichen Chitin. Die Zellwände sind so dick, dass nur ein geringer Teil des Eiweißes verwertbar ist. "Gut kauen" lautet daher die Devise bei einem Pilzmahl. Dann können die Verdauungsenzyme den Nahrungsbrei auch besser aufschließen. Dafür aber enthalten Pilze eine stattliche Anzahl an Vitaminen und Mineralstoffen. Allerdings: Die meisten Vitamine werden bei der sachgerechten Zubereitung der Pilze durch die Hitze zerstört. Den vollen Vitamingehalt kann man also nur bei Pilzen ausschöpfen, die auch roh genießbar sind (z. B. Champignons).

Die besondere Zusammensetzung der Pilze macht sie ideal zur Unterstützung einer Diät: Sie sättigen, beschäftigen den Darm und geben dem Körper wichtige Spurenelemente, die bei einer Diät meist in zu geringer Menge aufgenommen werden.

Die Nährwerte einiger Speisepilze im Vergleich zu anderen Lebensmitteln zeigt die folgende Tabelle:

Tabelle:
Nährwert von Pilzen und anderen Lebensmitteln

  Wasser % Eiweiß % Fett % Kohlehydr. % Rohfaser % Mineralien % Kcal/ 100g
Steinpilz, frisch 87 5,4 0,4 5,2 1,0 1,0 34
Champignon, frisch 90,0 4,8 0,2 3,5 0,8 0,8 28
Pfifferling, frisch 91,5 2,6 0,8 3,5 1,0 0,7 23
Kartoffel 74,9 2,0 0,1 20,9 1,0 1,1 91
Apfel 84,8 0,4 0,2 12,9 1,5 0,5 58
Roggenbrot 42,3 6,1 0,4 49,3 0,5 1,5 227
Milch 87,2 3,5 2,7 4,8 - 0,7 62
Ei 73,7 12,5 12,1 0,8 - 1,1 152
Butter 13,6 0,7 84,4 0,6 - 0,7 752
Rindfleisch, mager 72,0 21,0 5,5 0,5 - 1,0 173

Quelle: Edmund Garnweider: Pilze, Gräfe und Unzer ISBN 3-7742-4185-6

Pilze konservieren

Am einfachsten konserviert man Pilze, wenn man sie trocknet. Dazu eignen sich alle festfleischigen Arten, vor allem Röhrlinge. Die Pilze müssen sorgfältig gereinigt und absolut madenfrei sein. Bei Röhrlingen entfernt man die Porenkissen unter dem Hut, wenn die Pilze nicht mehr absolut jung sind. Will man die Pilze an der freien Luft trocknen, schneidet man sie dünn auf (ca. 3 mm), legt sie locker auf einem trockenen Tuch aus und legt sie an einem warmen, trockenen, gut durchlüfteten Ort. Oder man fädelt sie auf einen Faden und hängt sie an einem ebensolchen Ort auf. Es dauert einige Tage, bis sie trocken sind. Schneller geht es im Backofen bei 70=B0 C (nicht heißer) und spaltbreit geöffneter Backofentür. Hier dauert das Trocknen nur wenige Stunden. Ideal aber sind die unter dem Namen "Dörrex" im Handel erhältlichen Trockengeräte. Wenn die Pilzscheiben richtig hart sind, kann man sie verpacken. Am besten verschließt man sie in Schraubdeckelgläser und bewahrt sie an einem dunklen Ort auf (Schrank, Speisekammer). Nicht in Stoffbeuteln aufbewahren: Das Aroma verschwindet mit der Zeit, außerdem können Schädlinge eindringen.

Würzpilze wie z. B. der Feld- oder Knoblauchschwindling, der Pfefferröhrling oder Habichtspilz kann man in einer eigens dafür bestimmten Kaffemühle zermahlen und das Pilzpulver ebenfalls luftdicht aufbewahren. Von diesem Pulver reicht oft schon eine Prise, um dem Gericht eine unverwechselbare Note zu verleihen.

Getrocknete Pilze müssen zur weiteren Verwendung eingeweicht werden. Das dauert einige Stunden, was man beim Kochen berücksichtigen sollte. Das Einweichmittel (Wasser oder Milch) kann man, zumindest teilweise zum Kochen mitverwenden.

Einfrieren

Pilze halten sich eingefroren bis zu einem halben Jahr oder länger.

Wenn man folgende Regeln einhält, klappt das bestens:

  • Pilze reinigen, gebrauchsfertig aufschneiden, nicht würzen und portionsweise verpacken
  • Einige Pilzarten wie Hallimasch, Pfifferling, Semmelpilz (Stoppelpilz) eignen sich nicht dazu, roh eingefroren zu werden, weil sie dann bitter werden. Die muss man dann blanchieren.
  • Blanchieren: Die Pilze werden 3 min lang gekocht, dann abgegossen und mit kaltem Wasser abgeschreckt. Danach friert man sie ein. Nachteil des Blanchierens: Aromastoffe gehen leicht verloren.
  • Kühltruhe auf Schockfrieren stellen (je nach Typ ca. 24 h vorher). Die Pilzbeutel möglichst vakuumisieren und flach in die Kühltruhe legen. So frieren sie am schnellsten ein, tauen aber auch später sehr schnell wieder auf.
  • Pilze niemals vor der Zubereitung auftauen, sondern immer gefroren in den Topf geben.
  • Besonders Schirmlinge, die man als paniertes Schnitzel isst, müssen immer gefroren zubereitet und in die Pfanne gelegt werden. Taut man sie auf, werden sie unansehlich, zäh und ungenießbar.
  • Bei der geringsten Geschmacksveränderung Pilze verwerfen! Auch bei besten Speisepilzen kann man sich den Magen verderben.
  • Gerichte aus tiefgefrorenen Pilzen nicht wieder aufwärmen!
Pilze und Umwelt

Als der radioaktive Fallout des durchgegangenen Kernkraftwerkes von Tschernobyl in der Ukraine über Westeuropa niederging, waren die Pilze in weiten Landstrichen nicht mehr genießbar.

Pilze sammeln nämlich selektiv Schwermetalle. Radioaktive Stoffe werden ebenfalls eingelagert.

Zum Glück sind die Belastungen mit radioaktiven Stoffen zurückgegangen aber nicht die mit Schwermetallen. Blei, Quecksilber, Thallium oder Cadmium gelangen aus Industrie und Haushalt in die Umwelt und werden von den Pilzen eingesammelt. Während der Bleigehalt in Pilzen von der Belastung in der Umwelt bestimmt wird (z. B. an Straßenrändern), ist der Cadmiumgehalt weitgehend vom Standort unabhängig. Er geht auf natürliche Ursachen zurück und steht nicht im Zusammenhang mit zunehmenden Umweltbelastungen. Pilze aus jahrhundertealten Sammlungen sind demnach genauso stark mit Cadmium belastet wie frisch gesammelte Exemplare.

Besonders Champignonarten, aber auch Maronenröhrlinge sammeln selektiv Cadmium. Das Schwermetall scheint aber nach neueren Untersuchungen hauptsächlich in der Fruchtschicht des Pilzes konzentriert zu werden. So kann man die Belastung niedrig halten, wenn man Lamellen oder Poren entfernt. Eine gesundheitsgefährdende Belastung wird aber bei normalem Pilzgenuss nie erreicht.

Tollwut durch Pilze?
Seit Jahren werden Pilzsammler und Waldläufer vor der tödlich verlaufenden Tollwut gewarnt. Angeblich könnten tollwütige Tiere Pilze mit ihrem Speichel infizieren und die Krankheit auf den Menschen übertragen werden.

Da der Tollwuterreger aber auf diese Weise nicht in die Blutbahn gelangen kann, er ausserdem sehr schnell durch Licht und Luftsauerstoff inaktiviert wird, sind Pilzesammler nicht gefährdet.

Gefahr durch den Fuchsbandwurm?

Der Fuchsbandwurm ist, der Name sagt es, ein Parasit, der als erwachsenes Exemplar im Fuchsdarm schmarotzt. Die Eier gelangen mit dem Kot des Fuchses ins Freie, und wenn eine Maus ein solches Ei frisst, entwickelt sich in ihr die Finne, die Larve des Fuchsbandwurmes. Die Maus ist also der Zwischenwirt.

Ein solches Ei kann aber auch vom Menschen aufgenommen werden, wenn er rohe Beeren aus dem Wald isst. Der Mensch ist aber ein sogenannter Irrwirt. In seiner Leber entwickelt sich zwar ebenfalls die Finne, durchwuchert sie aber wie ein Krebsgeschwür. Eine Operation ist deshalb immer sehr unsicher: Die feinsten Ausläufer der Finne sind nämlich nicht röntgentechnisch darstellbar. Eine Faustregel besagt: Bei einem 25 %igem Befall der Leber mit der Fuchsbandwurm-Finne müssen 75 % entfernt werden. Nur: welche 75 %?

Ein unbehandelter Befall mit dem Fuchsbandwurm endet deshalb, nach jahrelangem Leiden (Gelbsucht) immer tödlich.

Die einzige Möglichkeit: eine Behandlung des Patienten mit sog. Antihelmintika Medikamenten, die das Wachstum der Finne stoppen.

In einigen Gegenden Deutschlands (genaue Angaben bekommen Sie in den Apotheken und bei Ihrem Hausarzt), so z. B. auf der Schwäbischen Alb, ist die Gefahr einer Infektion ziemlich groß, in anderen dagegen findet man den Bandwurm überhaupt nicht.

Aber dennoch besteht kein Grund zur Panikmache: Selbst bei sogenannten "Risikogruppen" wie Jägern, Förstern oder Waldarbeitern findet man keine signifikante Zunahme erkrankter Menschen. Also ist auch für den normalen Pilzesammler die Gefahr sehr gering. Dazu kommt, dass sich die Eier nur dann im Körper entwickeln können, wenn man rohe Pilze gegessen hat. Das aber passiert bei uns so gut wie nie. In aller Regel werden Pilzgerichte erhitzt, so dass von dieser Seite keine Ansteckung zu erwarten ist.

Esst mehr Pilze!

Eine Bereicherung unseres Lebens ist die Pilzesammelei allemal: ein intensives Naturerlebnis, dem ein Erfolgserlebnis folgt, wenn man mit wohlgefülltem Pilzkorb nach Hause kommt und das Geschmackserlebnis, wenn man seine Funde delikat zubereitet. Die Freude an und mit der Natur teilen in so unmittelbarer Auswirkung die Pilzesammler nur noch mit Anglern und Jägern. Nutzen wir es!


Stand bei 3500 postings, letzte Änderung 19.03.00

FORUMSREZEPTE


Deutscher Name  Seite   Seite   Seite   Seite   Seite 
Apfeltäubling 1369        
Austernseitling 3367 3364 3384 3435  
Blutreizker 2189        
Butterpilz 2189        
Champignons 1797 1817 1819    
Eichhase 1436 1440 1707    
Hallimasch 274 271 856 857  
Kaiserling 563 582      
Krause Glucke 817 793 798 1983 2036
Milchbrätling 330 321 323 324  
Mischgerichte/allgemein 2319 2660 3214    
Parasol 2043        
Pfeffermilchling 188 173 180    
Pfifferling 507        
Riesenbovist 584 589 917 2117 2200
Riesenporling 1021        
Rötelritterling, Violetter 2316 2585      
Safranschirmling 2691        
Schopftintling 279 2214 2208 2224  
Schwefelkopf, Graubl. 1228 1225      
Schwefelporling 1439 1421 1431 1425  
Semmelstoppelpilz 1769        
Steinpilz 450 449 2319    
Stockschwämmchen 2319        
Trompetenpfifferlinge 2805 2792      



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